Rundreise durch Island – 15 Gründe gegen ein Tesla-Elektroauto


von Oliver Heinrich
Europa | Island | Reiseberichte | Reisetipps
22. August 2023
22.
August 2023

Island, bekannt für seine unberührte Natur, Geysire und Nordlichter, zieht jedes Jahr Tausende von Touristen an. Eine der bekanntesten Routen ist die Ringstraße rund um die Insel, auf welcher wir über 2500 km zurückgelegt haben.

Bei den Erfahrungen auf unserer Reise mit einen Tesla Model Y Longe Range, welchen wir als kostenfreies Update bekommen haben, weil das gebuchte Hybridfahrzeug nicht verfügbar war, wollen wir Euch hier berichten.

Um es vorweg zu nehmen: es gibt einige Gründe, warum man besser nicht auf einen Tesla setzen sollte!

 

Falsche Angabe über die Reichweite

Während unserer Rundreise über die Ring Road mussten wir die Erfahrung machen, dass die vom Auto angezeigte Reichweite leider nicht immer korrekt war. Dies ist besonders kritisch in Island, wo es weite Strecken zwischen den Ortschaften und vor allem zwischen den Lademöglichkeiten geben kann.

Eine fehlerhafte Anzeige über die tatsächliche Reichweite kann zu Situationen führen, in denen man ohne Strom in abgelegenen Gebieten strandet. In einem Fall sind wir nur mit 7% Restreichweite am nächsten Supercharger angekommen.

Sollte man im Winter durch Island fahren, kann dies zu einem zusätzlichen Problem werden, da Batterien empfindlich gegenüber Kälte sind und die verfügbare Leistung geringer ist.

Touchscreen

Laderegler wird automatisch auf 80% zurückgestellt

Die maximale Ladung des Teslas wird standardmäßig auf 80% gesetzt, was wir erst nach ein paar Tagen herausgefunden haben. Laut Tesla erfolgt dies, da die letzten 20% deutlich langsamer geladen werden, um die Battiere zu schonen.

Dies kann jedoch bedeuten, dass mitten in der Wildnis weniger Reichweite vorhanden ist, als man eigentlich erwarten würde.

Touchscreen

Unzuverlässige oder besetzte Ladestationen

Auch wenn es in Island ein recht gut ausgebautes Netz von Ladestationen für elektrische Wagen gibt, kann es schwierig sein, eine Ladesäule zu finden, besonders in den abgelegeneren Teilen der Ringstraße.

Diese funktionieren jedoch nicht immer bzw. sind oft von anderen Fahrern besetzt. Ebenso ist die Anzahl von Superchargern überschaubar, so dass wir für den Ladevorgang immer wieder auf andere Ladestation zurückgreifen mussten.

Am Ende des Reise hatte ich drei verschiedene Apps zum Laden auf meinem Handy installiert (welche natürlich alle unterschiedlich funktionieren und für welche man sich separat registrieren muss): On Power, N1 und Isorka waren das Mittel der Wahl. Zusätzlich nutzen wir die PlugShare App zum Ausfinden von Ladestationen.

In der Praxis haben wir unsere Pausen zum Mittagessen oder Kaffeetrinken meist an die Orte gelegt, an denen eine freie Ladestation verfügbar war.

Ladestation für Elektroautos

Kein Ersatzreifen oder Reparaturset

Die Straßenbedingungen in Island können herausfordernd sein. Unser Tesla verfügte weder über einen Ersatzreifen noch ein Reparaturset (wie wir erst festgestellt haben, als wir eines Morgens vor dem Hotel einen Platten an unserem Wagen entdeckten).

Ebenso handelte es sich bei den auf unserem Wagen aufgezogenen Reifen nicht um sogenannte Runflat-Reifen, welches es ermöglicht hätten, auch mit einem Plattfuß noch ein paar Kilometer zu fahren.

Ein Ersatzreifen oder Reparaturset ist also unerlässlich, besonders auf abgelegenen Straßenabschnitten, wo Hilfe möglicherweise Stunden entfernt ist.

Auto mit defektem Reifen

Teuerer Abschleppdienst und hohe Reparaturkosten

Einen Wagen abschleppen zu lassen, kann in Island sehr teuer sein. Wir haben für nur ein paar Kilometer innerorts dem Abschleppdienst fast 150€ bezahlt. Der Ersatz des Reifen kostete uns weitere 500€.

Wichtig ist auch zu wissen, dass ein Tesla nur mit einem Tieflader abgeschleppt werden kann, da laut der Betriebsanleitung von Tesla sonst die Elektronik beschädigt werden kann. Wenn Du also weitab der Zivilisation strandest, kann Dir auch kein noch so netter lokaler Isländer oder anderer Reisender mit seinem Wagen helfen!

In abgelegenen Gebieten könnte dies bedeuten, dass man sehr lange auf spezialisierte Hilfe warten muss.

Abschleppwagen transportiert Wagen

Keine Kilometeranzeige – hohe Mehrkosten für zusätzliche Kilometer

Wo wir gerade bei den Kosten sind: wir haben den Tesla als kostenfreies Upgrade auf die Premiumklasse erhalten. Für jeden zusätzlichen Mehrkilometer wurden uns 1,03€ berechnet! Als Freikilometer waren 2000 km inbegriffen.

Da aber die aktuelle Kilometeranzeige tief im Menü des Teslas versteckt ist, hatten wir diese nicht im Blick. Am Ende sind über 500€ für Mehrkilometer aufgelaufen (etwa die Hälfte des ursprünglichen Mietpreises!).

 

Tesla App kann mit einem Mietwagen nicht genutzt werden

Die (vermutlich) hilfreiche Tesla App konnten wir nicht nutzen, da sie laut Tesla nur mit einem Wagen gekoppelt werden kann, dessen Inhaber man selbst auch ist. Wir haben es nicht geschafft, die App mit dem Elektroauto zu verbinden, aber vielleicht gibt es tatsächlich eine alternative Möglichkeit.

Screenshot - Tesla zu App hinzufügen
Screenshot - Tesla zu App hinzufügen

Supercharger nicht leicht zu finden

Da wir die App nicht mit dem Fahrzeug koppeln konnten, war auch die in der App verfügbare Suche von Schnellladestationen nicht verfügbar. Daher mussten wir die Supercharger umständlich über Google Maps oder das eingebaute Navigationsystem ermitteln.

Elektroauto vor einer Ladestation

Weitere Punkte, die gegen einen Tesla sprechen

Darüber sind uns uns noch einige weitere negative Punkte bei der Benutzung des Teslas aufgefallen.

 

Der Autopilot – eine Beta Version!

Der Autopilot ist noch in der Beta-Phase und kann während der Fahrt Funktionen wie den Spurhalteassistenten oder die automatische Abstandshaltung (Cruise Control) deaktivieren. Auf unbekannten und teils schwierigen Straßen ist das ein erhebliches Risiko.

 

Verbesserungswürdiges Navigationssystem

Das Navi eines Elektroautos ist essentiell auf einer Rundreise in unbekanntem Gefilde.

Wir hatten mehrere Probleme damit:

  • Häufig hat die Audioausgabe garnicht oder verspätet gemeldet, an welcher Stelle man abbiegen muss.
  • An einer Abbiegung werden auf der Karte die Abbiegemöglichkeiten nicht vergrößert oder detailliert dargestellt

Diese beiden Punkte haben immer wieder dazu geführt, dass wir eine Abzweigung verpasst haben und Zeit verloren haben.

  • Wir mussten die Erfahrung machen, dass viele, besonders kleine Orte, nicht im Navi es Teslas zu finden waren. Als Alternative mussten wir dann Google Maps nutzen, um ans Ziel zu kommen.

 

Tesla verfügt nur über eine elektrische Türöffnung

Ein Tesla verfügt nicht wie normale Autos über einen manuellen Türöffner. Man muss einen Knopf drücken, um die Tür zu öffnen. Im Falle eines Unfalls könnte das Öffnen der Türen nach einem Unfall zur Herausforderung werden, besonders wenn man darauf angewiesen ist, schnell aus dem Auto zu kommen.

Hinweis: nach einem hilfreichen Kommentar haben wir tatsächlich in der Anleitung eine Möglichkeit gefunden, die Türen manuell zu öffnen.

 

Automatisches Licht funktioniert nicht immer

Im Sommer wird es in Island im Prinzip nur von Mitternacht bis vier Uhr morgens richtig dunkel.

Das automatische Licht ist auf solche Bedingungen scheinbar leider eingestellt. Immer wenn wir abends unterwegs waren, musst wir manuell und mühsam über ein Untermenü das Licht einschalten. Diese Einstellung hat sich der Tesla nicht gemerkt, so dass die Tortur beim nächsten Start wieder von vorne durchzuführen war. Aus unserer Sicht eine nicht zu unterschätzende Gefahrenquelle.

Kofferraumabdeckung – eine klassische Fehlkonstruktion

Ein weiterer Minuspunkt, der uns aufgefallen ist, ist die Kofferraumabdeckung des Tesla Model Y. Diese besteht aus einem Brett, welches sich in drei Teile nach hinten in den Kofferraum aufklappen lässt. Eine separate Vorrichtung, damit diese auch geöffnet bzw. eingehackt bleibt, haben wir trotz intensiver Suche nicht gefunden. Die Klappe fiel beim Ein- und Auspacken des Gepäcks immer wieder herunter.

Kofferraumabdeckung

Öffnen, schließen und starten des Wagen nur mit einer Chipkarte

Was uns auch sehr genervt hat, ist die Tatsache, dass der Wagen nur mit der bereitstellten Karte zu öffnen war. Es ist zwar vermutlich möglich, die App zum entsperren zu nutzen, aber … siehe oben.

Wir mussten erstmal googeln, um herauszufinden, dass die Karte an eine ganz bestimmte Stelle der B-Säule zu halten ist, um den Wagen zu öffnen und zu schließen. Eine Markierung, wo genau, ist nicht vorhanden!

Des weiteren wurde die Möglichkeit, den Wagen zu starten gesperrt, sobald der Fahrer den Fahrersitz verlässt. Die Karte muss an einer nur schwer zugänglichen Stelle (wenn die Becherhalter verwendet werden) auf die Mittelkonsole gelegt werden, damit der Wagen gestartet werden kann.

Da die Karte dort über keinerlei Fixierung verfügt und in der nächsten Kurve sofort runterfällt, mussten wir sie immer in der Geldbörse verstauen, damit sie nicht unter dem Sitz verschwindet.

Hand, die eine Chipkarte an die B-Säule eines Tesla hält
Mittelkonsole Tesla mit Chipkarte

Bedienung von einfachen Elementen nur über das Touchscren-Menü

Beide Fahrer sind durchaus IT-affin, aber die Menüführung hat auf uns wie eine Zeitreise in die Neunziger Jahre mit Windows 95 gewirkt.

Analoge Regler beim Tesla? Fehlanzeige!

Wichtige Punkte wie das Öffnen des Handschuhfachs (dort war meist die Kamera verstaut, um auch mal schnell aus dem Wagen die fantastische Landschaft fotografieren zu können) waren tief im Menü versteckt.

 

Handschuhfach

Ebenso ist die Auswahl eines Radiosenders nur durch mehrmaliges Tippen auf den Touchscreen möglich.

Auch das Einstellen der Heizung oder der Klimaanlage ist nur über winzige Elemente im Hauptmenü möglich, was auf den wackeligen Landstraßen durchaus eine Herausforderung darstellt.

Touchscreen

Fazit

Insgesamt zeigt sich, dass ein Tesla zwar eine umweltfreundliche Möglichkeit ist ohne CO2 Ausstoß zu fahren. Die speziellen Bedingungen einer Reise durch Island stellen jedoch besondere Anforderungen an ein Elektrofahrzeug. Es ist entscheidend, sich dieser potenziellen Herausforderungen bewusst zu sein und entsprechend vorzubereiten.

Für ein Wochenende rund um Reykjavík kann ein Tesla Sinn machen.

Für eine längeren Rundreise wie die den Golden Circle empfehlen wir Dir jedoch, einen traditionellen Mietwagen oder ein Hybrid-Fahrzeug zu mieten, um möglichen Problemen aus dem Weg zu gehen.

3 Kommentare

  1. Susanne

    Ich denke, viele der Punkte hier sind weniger dem Tesla geschuldet, sonder eher der Autovermietung. Die sollten eine Einweisung machen und eine leicht verständliche Kurzanleitung ins Auto legen, in der sie zum Beispiel auf die Sprachbefehle hinweisen.

    Hier mal ein paar Punkte:

    Die im Tesla angezeigte Reichweite bezieht sich auf die WLTP-Reichweite. Ich empfehle, wie beim Handy einfach die Prozentanzeige zu benutzen. Wenn man ein Ziel ins Navi angibt, berechnet der Tesla, mit wie viel Prozent man dort ankommt, und diese Berechnung ist sehr genau.

    Supercharger brauch man im Navi nicht umständlich zu suchen, man klickt einfach auf „Laden“. Alternativ fügt das Auto Supercharger auch automatisch in die Route ein, wenn man unterwegs nachladen muss.

    Wenn das Ladelimit automatisch auf 80 % gestellt wird, wird man im Display klar und deutlich darauf hingewiesen. Man kann es dann einfach wieder verstellen.

    Selbstverständlich kann man die Türen im Tesla mechanisch öffnen. Man zieht einfach am Griff in der Tür. Das geht IMMER, auch ohne Strom und nach einem Unfall. Übrigens kann man über das Display auch das Handbuch ganz einfach aufrufen, das hat eine Suchfunktion, da steht das drin. Aber wie gesagt, hier wäre auch eine Einweisung und eine Kurzanleitung durch den Vermieter gefragt.

    Ich weiß nicht, wie es in Island ist, aber in den ca. 15 Ländern, in denen ich mit dem Tesla unterwegs war, hat die Licht-Automatik perfekt funktioniert. Seid ihr sicher, dass sie auf „Auto“ gestellt war?

    Und ja, die Karte legt man auf die Mittelkonsole. Ich weiß nicht, was daran schwer zugänglich sein soll, das ist 10 cm neben dem Fahrersitz. Wenn man losfährt, rutscht sie in der Regel in den Becherhalter, ich lege sie meist selbst darein.

    Man muss auch fast keine Funktionen im Menü suchen, man kann einfach Sprachbefehle benutzen, zum Beispiel „Handschuhfach öffnen“ oder „Scheibenwischerautomatik ausschalten“ oder „Temperatur 20 Grad“ oder „mir ist kalt“ und so weiter. Auch den Radiosender kann man per Sprachbefehl ändern, oder einfach ein beliebiges Lied oder Album spielen („spiele die Beatles“), der Spotify-Account von Tesla ist kostenlos nutzbar.

    Ein Ersatzrad hatte mein Verbrenner in Island übrigens auch nicht. Als ich einen Platten hatte, habe ich einfach die nächste Tankstelle angerufen, die haben den Mechaniker aus dem Dorf vorbeigeschickt.

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